Erste Berichte – Griechen & Römer
Schon in der Antike waren alle sieben Kanarischen Inseln bewohnt. So gibt es archäologische Belege für eine Besiedlung der Inseln zwischen dem 5. und 1. Jahrhundert vor Christus. Die Einwanderer kamen wahrscheinlich aus Nordafrika und gehörten zu den Berbern. Dies legen Skelettfunde sowie Überreste der vorspanischen Kultur nahe. Es ist noch heute ein Rätsel, wie die Ureinwohner auf die Insel kamen. Eine Theorie besagt, dass sie mit einfachen Booten von der afrikanischen Küste übersiedelten, die dann im Laufe der Zeit verrotteten und deshalb heute nicht mehr nachweisbar sind.
Die Insel war in vier Reiche aufgeteilt: Ipalán, Mulagua, Orone und Agana. An deren Spitze stand jeweils ein König. Der Rest der Bevölkerung teilte sich in Adelige und Bauern, wobei die Übergänge zwischen beiden Schichten fließender als auf anderen Inseln waren. Die Gomeros betrieben Viehzucht (Ziegen, Schafe, Schweine), Fischfang und Landwirtschaft und wohnten in Hütten oder Höhlen. Werkzeuge wurden aus Stein, Knochen und Holz gefertigt. Die Sprache der Ureinwohner hat in Form einiger weniger Ausdrücke auf der Insel überdauert. Auch in manchen Ortsnamen lebt sie noch fort. Anders als auf anderen Inseln des Kanarischen Archipels sind auf La Gomera keine Mumifizierungen nachgewiesen. Stattdessen herrschten Höhlen- und im Norden teilweise Hügelgräber vor. Auch Petroglyphen (Steininschriften) konnten auf La Gomera bislang noch nicht gefunden werden.
In religiöser Hinsicht waren die Gomeros vor der Ankunft der Spanier polytheistisch. Dem Gott Orahan, dem Tier- und Trankopfer dargebracht wurden, stand mit Hirguan eine Art Dämon gegenüber. Berge und Höhlen bildeten die heiligen Stätten der Gomeros und jedes der vier Reiche hatte ein eigenes Bergheiligtum.
Die Kanaren finden bei zahlreichen antiken Autoren Erwähnung, so unter anderem bei Plato, Strabo, Hesiod, Plutarch und Vergil. Der erste historische Bericht über eine Fahrt zu der Inselgruppe ist jedoch von vergleichbar jungem Datum. Zu Beginn des 1. Jahrhunderts nach Christus soll demnach der mauretanische König Juba ll., ein Freund des Augustus, eine Expedition angeordnet haben, um die geheimnisvollen Inseln zu erkundschaften. Die Berichte der Expedition fanden einige Jahrzehnte später Eingang in die Enzyklopädie »Naturalis Historia« des römischen Naturforschers Plinius des Älteren.
Im darauffolgenden, dem 2. Jahrhundert, kartografierte schließlich der griechische Naturforscher Ptolemäus die Kanarischen Inseln. Die Transsaharahandelsroute führte dazu, dass der Schiffsverkehr im Atlantik immer seltener wurde. Nach dem Ende des Römischen Reiches gerieten die Kanaren fortwährend in Vergessenheit.
Eroberung durch Spanien
Erst im 14. Jahrhundert fanden die Kanarischen Inseln wieder stärker Beachtung. Schon 1312 kam Lancelotto Malocello nach Lanzarote. 1384 lassen sich erste christliche Missionare auf der Insel nieder. 1402 erhält Jean de Béthencourt vom spanischen König Heinrich III. (1360 – 1422) den Auftrag, die Inseln zu erobern. 1404 scheiterte er bei seinem ersten Versuch, La Gomera zu erobern. Der zweite Versuch, 1406, stellte zumindest einen Teilerfolg dar: Die Fürstentümer Ipalán und Agana unterwarfen sich.
Die Eroberung der Insel war allerdings noch lange nicht abgeschlossen. 1488 erhoben sich die Gomeros noch einmal gegen die Herrschaft Hernán Perazas d. J. und dessen Frau Beatriz de Bobadilla. Peraza wurde dabei ermordert, doch seiner Frau gelang es schnell, den Aufstand blutig niederzuschlagen. Es folgte eine rasche Assimilierung der Gomeros an die spanische Kultur. Für die Gomeros bedeuteten die Jahrhunderte seit der Wiederentdeckung vielfach den Gang in die Sklaverei. Eine weitere Bedrängnis waren die immer wieder stattfindenden Piratenüberfälle.
Nach der Eroberung
Die Verwaltung La Gomeras entsprach dem señorío-Status. Die Herrscher über die Insel hatten demnach die Position eines Grafen und vererbten diese Position in ihrer Familie weiter. Ab 1650 übten die Grafen ihre Herrschaft allerdings nicht mehr selbst aus, sondern überließen dies einem Verwalter, während sie selbst nach Teneriffa übersiedelten.
Spielte zunächst der Sklavenhandel noch eine große Rolle, so änderte sich dies bald zu Gunsten des Zurckerrohranbaus. Nachdem im 16. Jahrhundert der gomerische Zuckerrohranbau nicht mehr international wettbewerbsfähig war, fand eine Verlagerung in Richtung Getreide, Ziegen, Schafe, Wein und Spirituosen statt. Die angespannte wirtschaftliche Lage führte immer wieder zu Auswanderungswellen. Deren Ziel waren vor allem Lateinamerika sowie die anderen Kanarischen Inseln. Erst als sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Wirtschaftslage durch den Anbau von Tomaten und Bananen besserte, ebbte der Auswandererstrom ab.
Neben der wirtschaftlichen Lage stellten lange Zeit die immer wiederkehrenden Piratenüberfälle eine beständige Belastung dar. So wurde allein San Sebastián dreimal von Piraten niedergebrannt (1571, 1599, 1618). Doch gab es in dieser Zeit auch Erfolgserlebnisse. Hierzu zählt vor allem die Abwehr eines Angriffes auf San Sebastián im Jahr 1743.
Auch im Inneren erlebte die Insel im 18. Jahrhundert Spannungen. Das Jahr 1762 sah einen Aufstand der Inselbewohner gegen die Feudalherren. Grund waren Steuererhöhungen. Doch wie schon früher so wurde auch dieses mal der Aufstand von den Señorios niedergeschlagen.
Deren Ende kündigte sich jedoch bald an. 1812 wurden sie formal abgeschafft. Nachdem sie sich noch einige Zeit hatten halten können, fanden sie 1837 endgültig ihr Ende. Für die Masse der Gomeros änderte sich dadurch jedoch nichts. An die Stelle der alten adeligen Gutsherren traten nun bürgerliche Großgrundbesitzer. Diese »caciques« dominierten die Insel für weitere 100 Jahre.
Im 20. Jahrhundert
Die ersten Jahrzehnte des neuen Jahrhunderts sahen einen enormen Bevölkerungsanstieg, so dass sich die Inselbevölkerung zwischen 1900 und 1940 verdoppelte.
Im Juli 1936 putschte General Francisco Franco, zu diesem Zeitpunkt Kommandant der spanischen Truppen auf den Kanarischen Inseln, gegen die aus Republikanern, Sozialisten, Anarchisten und Kommunisten bestehende spanische Volksfront-Regierung. Der Militärputsch mündet in den den Spanischen Bürgerkrieg (1936 – 1939). Vereinzelter Widerstand gegen die Franco-Truppen auf La Gomera wurde, wie im Bürgerkrieg auf beiden Seiten üblich, brutal niedergeschlagen.
Die infolge der internationalen Isolierung verschlechterte wirtschaftliche Lage führte in den 40er und 50er Jahren zu einer erneuten massiven Auswanderungswelle. Die Auswanderer zog es dabei vor allem nach Lateinamerika. Als in den 60er Jahren der Massentourismus auf Teneriffa und Gran Canaria Einzug hielt, gewannen diese beiden Inseln für die gomerischen Auswanderer an Attraktivität.
Als die Touristen schließlich auch La Gomera für sich entdeckten, folgte in den 70er Jahren eine Landflucht aus dem Inselinneren in die sich formierenden Touristenzentren Valle Gran Rey und Playa de Santiago. Während auf diese Weise manche Dörfer regelrecht ausstarben, hat die wirtschaftliche Entwicklung der Insel vom Tourismus profitiert.
Nach dem Tod Francos wurde auf den Kanaren auch eine größere Unabhängigkeit vom spanischen Mutterland ein wichtiges Thema der Politik. Erste Schritte in diese Richtung waren schon zuvor erfolgt. Seit 1912 verfügte jede Insel über eine eigene Selbstverwaltung, einen so genannten Cabildo Insular. 1927 folgte die Aufteilung der Kanaren in zwei Provinzen, wobei La Gomera zur Provinz Santa Cruz de Tenerife kam.
1982 bekamen die Kanaren wie die übrigen 16 Autonomen Regionen Spaniens einen Autonomiestatus. 1986 trat La Gomera als Teil Spaniens der Europäischen Gemeinschaft bei. Das jüngste Großereignis der gomerischen Geschichte ist die Eröffnung des Flughafens im Süden der Insel, 1999.